Pauline Luisa Krätzig
Freie Journalistin

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NZZaS Magazin 03/16

Aldof Hitler



Der Verführer



«Alf» nannte Geli Raubal ihren Onkel Adolf, den Halbbruder ihrer Mutter Angela. 1929 zog das lebensfrohe Mädchen zu ihrem Onkel in die Münchner Wohnung. Das Eckzimmer bekam die 21-JКhrige, mit hellgrünen Tapeten und Bauernmöbeln. An der Wand hing als Geschenk des Onkels ein Aquarell, das er, der verkannte Künstler, wКhrend des Ersten Weltkrieges gemalt hatte. In diesem Zimmer erschoss Geli sich am 18. September 1931 mit Onkel Alfs Pistole. Vermutete Ursache: Liebeskummer oder tyrannische Eifersucht? Verursacher: Onkel Alf, Adolf Hitler, der Tyrann.

Adolf Hitler wird so einiges nachgesagt: Er sei homosexuell, bisexuell, asexuell gewesen. Von sexy Koteletten oder süssen Grübchen war nie die Rede. Trotzdem himmelten Partei- und Volksgenossinnen den Führer an, Frauen stürzten sich seinetwegen ins Unglück und in den Tod. Adolf Hitler als Sexsymbol ist wie Donald Trump als PrКsidentschaftskandidat: absurd, aber Fakt. Die Ъsterreichische Historikerin Anna Maria Sigmund widmete sich dem Thema «Hitler und Frauen» bereits öfter und überraschte nun wieder mit neuen Erkenntnissen. Den Grund ihres Freitods nahm Geli zwar mit ins Grab, sicher ist, dass Hitler mit seiner Nichte ein inniges Verhältnis pflegte. Für einige Historiker war es platonische Vaterliebe. Viele behaupten aber, Geli sei seine Geliebte gewesen. Das Gerücht über einen Fetisch Hitlers, den der Nazi Otto Strasser 1945 dem US-Geheimdienst verriet, hielt sich hartnäckig: Hitler habe sich von seiner Nichte mit warmen Harnduschen begiessen lassen und von ihrem Natursekt auch gekostet. Was die Geschichte in jedem Fall offenbart: Hitlers VerhКltnis zu Frauen war nicht normal, seine Wirkung als Mann indes abnorm.

Die Filme von Leni Riefenstahl zeigten Frauen, die Hitler unter TrКnen anschmachteten wie Teenager beim Anblick von Justin Bieber. Solche Sze- nen waren keine Propagandalüge. Selbst Nazi-Gegner konnten Hitlers Groupies nicht wegleugnen. Die sozialdemokratische Tageszeitung «Münchener Post» spottete 1923 über die «in Hitler verschossenen Weiber». Im März 1925 legte die bayrische Regierung ihm sogar ein Redeverbot auf, nachdem in einem BrКukeller unter den 4000 Zuhörern eine Massenhysterie ausgebrochen war: Frauen waren kreischend auf die Tische geklettert und hatten Hitler als «Geschenk Gottes» gepriesen. Hitler selbst konstatierte später einmal, dass die devote Anrede «Mein Führer» eine Schöpfung der Frauen gewesen sei. [...]



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Pauline Luisa Krätzig
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