Pauline Luisa Krätzig
Freie Journalistin

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NZZ Libro 10/18

Verliebte Literaten



Geleitwort



Die Liebe ist stur. Sie kommt, wann sie will und schon gar nicht, wenn man nach ihr sucht. Erst wenn man sie ignoriert und schon beinahe aufgibt, taucht sie plötzlich auf und fordert alle Aufmerksamkeit. Sie ähnelt ein bisschen einer Katze, die sich dir aus dem Nichts auf den Bauch setzt, dich sanft zurechtzupft, sich einrollt und zКrtlich schnurrt. Es kommt wohl nicht von ungefähr, dass William Seward Burroughs meinte, nur seine Katzen aufrichtig zu lieben.



Genauso überraschend wie die Liebe oder ein scheues Kätzchen kam für mich die Idee aus Zürich, in der NZZ am Sonntag über Literaten und die Liebe zu schreiben. Und genauso unerwartet folgte wenige Monate später die Idee, meine Serie über „Verliebte Literaten“ als Buch zu verlegen. Beide Ideen gefielen mir von Anfang an. Nicht, weil ich damals frisch verliebt und sentimental war, sondern, weil ich wusste: Egal über wen ich schreiben würde, es würde aufregend werden. Keine Liebesgeschichte ist banal. Der schönste Mann, die reichste Frau, der genialste Mensch kann in der Liebe gnadenlos versagen. Dem unscheinbarsten Tölpel mag wahre Liebe geschehen. Nichts vermag der Seele heftigere Worte zu entreiІen als eine schmerzhafte Liebe. Nichts vermag der Seele gewaltigere Worte zu entlocken als eine groІe Liebe. Was wäre die Weltliteratur ohne die Liebe? Ein kurzes Kapitel.



Zum Glück ist die Weltliteratur eine unendliche Geschichte aus unendlich vielen rührenden, komischen, hässlichen, herzzerreiІende Liebegeschichten. „There are all kinds of love in this world but never the same love twice“, schrieb Frances Scott Fitzgerald und hatte natürlich Recht. Liebesgeschichten wird es nie genug geben und wir werden niemals genug davon bekommen. Vierzehn davon durfte ich noch einmal nachfühlen. Ich habe laut gelacht bei der Vorstellung, wie Vladimir Nabokov sich den Spezial-Drink seiner Frau Vlora aus Eiern, Kakao, Orangensaft und Rotwein einflößte, um seine kreativen SuperkrКfte zu wecken. Ich feiere Agatha Christies Galgenhumor, nachdem Ehemann Nr.1 sie für eine Jüngere verlassen hatte – sie brachte ihn unter Mordverdacht. Ingeborg Bachmann wollte ich oft am liebsten aus den Buchseiten zerren, wenn sie Paul Celan in ihrer „Verdammt ich will Dich, ich will Dich nicht“-Manier auf Distanz hielt – ich wollte sie schütteln und anschreien: „Inge, jetzt hör endlich auf dich von der Welt beweihräuchern zu lassen! Schau doch hin – der Paul, der liebt dich wirklich!“

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Pauline Luisa Krätzig
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